Die rasante Entwicklung der Technologien und deren weitverbreitete Nutzung stellt nicht nur Anbieter digitaler Dienstleistungen, sondern ebenfalls den Staat und jeden Nutzer vor die Aufgabe, sich dynamisch mit den neuen Sicherheitsherausforderungen auseinanderzusetzen und entsprechend auf diese zu reagieren.
Die Cybersicherheit umfasst viele Technologien und Bereiche, einschließlich der Datensicherheit in sozialen Netzwerken, Internetbanking oder Online-Geschäfte sowie die Verteidigung militärischer Strukturen und Netze. Öffentliche Institutionen, wie Ministerien und kleinere wie Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Unternehmen, Mikrounternehmen und individuelle Computerbenutzer sind alle Adressanten der Cybersicherheit. Daher beinhalten die ersten Schritte und die wichtigsten Aufgaben Informationsaustausch zwischen Stakeholdern, Sensibilisierung und die Förderung der Zusammenarbeit, um in einer sicheren virtuellen Umgebung handeln zu können.
Cybersicherheit ist ein unentbehrlicher Bestandteil des Verteidigungsbereichs. Sowohl die Industrie, als auch das Militär entwickeln häufig Innovationen. Danach spielen die neuen Lösungen eine bedeutende Rolle im zivilen Sektor und bilden die Grundlage für die Anwendung entscheidender Funktionen in einem Land, wie Telekommunikation, Energiezufuhr oder Kapitalfluss. Um die ununterbrochene Arbeit dieser und weiterer Funktionen zu gewährleisten, setzt der Staat eine Cybersicherheits- und Verteidigungspolitik um. Es wird zunehmend schwieriger, eine klare Grenze zwischen Cybersicherheit und Cyberverteidigung zu ziehen. Vertreter der zivilen und militärischen Sektoren führen umfassende Diskussionen auf internationalen Foren über die gemeinsamen Sicherheitsherausforderungen und, in wachsendem Maße, über gemeinsame Lösungen.
Die lettische Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union und deren Vorbereitung boten Lettland die einmalige Möglichkeit, einen tieferen Einblick in die aktuelle Situation des Cybersicherheits- und Verteidigungsbereichs in der Europäischen Union und in einzelnen Mitgliedsstaaten zu erhalten, sowie eine gemeinsame Politik zu entwickeln, eigene Positionen zu formulieren und neue Lösungen anzubieten.
Lettlands Aufgabe war es, die Arbeit an der ersten rechtlichen Regelung im Cybersicherheitsbereich auf EU-Ebene, und zwar der Richtlinie für Netz- und Informationssicherheit (NIS), fortzusetzen. Die Richtlinie regelt die Mindestanforderungen für die Mitgliedsstaaten bei der Entwicklung der Cybersicherheitspolitik und die Berichterstattung von Vorfällen in der Netz- und Informationssicherheit.
Lettland setzte die aktuellen Cybersicherheitsthemen während Veranstaltungen auf unterschiedlicher Ebenen sowohl in Brüssel, als auch in bilateralen Formaten in Europas Hauptstädten auf die Tagesordnung. Im März beispielsweise veranstalteten Lettland und Deutschland gemeinsam eine Konferenz über aktuelle Cybersicherheitsfragen in Europa in Berlin. Im Mai wurden in Riga die Politik und die Strategien der europäischen Staaten im Cybersicherheitsbereich besprochen.
Auf der Suche nach Lösungen für die Sicherheit virtueller Räume, startete Lettland während der EU-Ratspräsidentschaft eine Diskussion über die Erkennung von Computersicherheitsvorfällen und Sicherheitslücken sowohl auf nationaler als auch EU-Ebene. Dieses Prinzip würde es Forschern und ethischen Hackern erlauben, Sicherheitslücken in Informationssystemen, Produkten oder Dienstleistungen zu melden, um so den Besitzer über Risiken oder Unvollständigkeiten zu informieren und ihn zu bitten, diese zu beheben. Die verantwortungsvolle Aufdeckungspolitik wird zurzeit größtenteils von globalen Unternehmen betrieben, aber es gibt mehrere Länder, die eine solche Politik ebenfalls auf staatlicher und Stadtverwaltungsebene nutzen, wie zum Beispiel die Niederlande. Die Politik benötigt keine zusätzlichen Ressourcen, sondern mobilisiert die bestehenden Fähigkeiten und Talente der Gesellschaft und erweitert deren Teilhabe bei der Schaffung eines sichereren virtuellen Umfelds.
Die wichtigste Veranstaltung während der lettischen EU-Ratspräsidentschaft im Zusammenhang mit der digitalen Agenda, war die im Juni in Riga veranstaltete Digitale Versammlung. In deren Mittelpunkt standen der europäische digitale Binnenmarkt und die digitale Sicherheit, als Voraussetzung für die Einführung eines solchen Marktes. Leider vertraut ein großer Teil der Gesellschaft immer noch nicht den digitalen Dienstleistungen und deren Daten- und Privatsphärenschutz. Deshalb ist eine umfassendere Diskussion über das Verständnis der Gesellschaft und zur Vertrauensförderung, sowie über die Entwicklung sicherer Dienstleistungen und Produkte im virtuellen Umfeld notwendig.
Da 97% aller Cybersicherheitsvorfälle infolge absichtlicher oder unbeabsichtigter menschlicher, vermeidbarer Handlungen oder aufgrund eines Mangels an Cyber-Hygiene auftreten, ist es wichtig, die Nutzer zu erziehen. Das lettische und estnische Verteidigungsministerium haben eine Initiative für die Erarbeitung und Einführung der Cyberhygiene begonnen, an der ebenfalls Institutionen aus Österreich, Litauen, der Niederlande, Polen, Finnland und der EU teilnehmen. In der Praxis bedeutet dies, dass Angestellte verschiedener Institutionen, ab dem Beginn ihrer Arbeit oder für einen festgelegten Zeitraum, Schritt für Schritt das interaktive Programm kennenlernen, das ihnen die Grundlagen der Cybersicherheit für die tägliche Arbeit mit Informationstechnologien erklärt.
In diesem Mai betonte Jānis Sārts, Staatssekretär des Verteidigungsministeriums der Republik Lettland, während der Eröffnung eines Seminars zu den Cybersicherheitsstrategien der EU-Mitgliedsstaaten, dass es nicht möglich sei, die digitale Wirtschaft und ein digitales Europa zu entwickeln, ohne deren Sicherheit und Verteidigung zu garantieren. In der Zukunft wird ein sicheres und zuverlässiges virtuelles Umfeld mit der Erhöhung von Synergien der digitalen Dienstleistungen im Alltag, eine wichtige Voraussetzung für ein freies und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sein.