Einblicke

Überarbeitung der Europäischen Sicherheitsstrategie - eine Möglichkeit für die EU, sich an die veränderte Sicherheitslage anzupassen

Photo: European External Action Service
01 Juni 2015

Im Jahr 2003 findet die Operation der westlichen Verbündeten im Irak statt; Lettland und neun weitere Länder entscheiden sich dafür, der EU beizutreten; in Georgien findet die „Rosenrevolution“ statt und die Wirtschaft fast aller EU-Mitgliedsstaaten wächst  im Vergleich zum Vorjahr. Es ist ebenfalls das Jahr, in dem die Europäische Sicherheitsstrategie verabschiedet wird.

Im Jahr 2015 besteht die EU bereits aus 28 Mitgliedsstaaten, welche nach der Wirtschaftskrise des Jahres 2008 langsam wieder einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben. Sowohl in den östlichen, als auch in den südlichen Regionen der EU ist die Sicherheitslage instabil und bedroht die Union. 2015 ist das Jahr, für das die Überarbeitung der Europäischen Sicherheitsstrategie geplant ist. Unterstützung dafür drückten die Verteidigungsminister der EU-Mitgliedsstaaten während des im Februar abgehaltenen informellen Ministertreffens in Riga aus. Auch Lettland, als präsidierendes Land im Rat der Europäischen Union, unterstützt aktiv die Überarbeitung dieser Strategie.

Die Überarbeitung der Strategie ist ein komplizierter und vergleichbar langer Prozess. Die jüngsten Veränderungen des Sicherheitsumfelds machen diesen jedoch notwendig. Ein solches Dokument ist für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik deshalb erforderlich, damit diese mit den globalen Entwicklungen mithalten kann. Es ist an der Zeit zu definieren, welche Inhalte in die neue Strategie aufgenommen werden müssen.

  • Die wichtigste Voraussetzung für die Verwendbarkeit der Strategie, und nicht nur im Interesse Lettlands und der EU-Mitgliedsstaaten, ist zunächst eine realistische und sachliche Bewertung des Sicherheitsumfeldes. Die Strategie benötigt einen eindeutigen Ausgangspunkt, aus dem die weiteren Handlungsschritte der EU im Sicherheitsbereich hervorgehen und der von den EU-Mitgliedsstaaten und den entsprechenden EU-Institutionen unterstützt wird. Deshalb muss die künftige EU-Politik in Bezug auf Russland und die Strategie bezüglich ISIL oder der fortwährenden Instabilität im Nahen Osten und in Nordafrika klar definiert werden.
  • Zweitens, müssen die Prioritäten der EU im Verteidigungsbereich definiert werden und im Einklang mit den finanziellen Möglichkeiten sein. Für die Erarbeitung der Strategie sind die heute (oder die in naher Zukunft)zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel zu berücksichtigen und nicht die mögliche zukünftige wirtschaftliche Entwicklung.
  • Drittens, kann es in Anbetracht der jüngsten Bedrohungen sein, dass zukünftige Bedrohungen als „hybrid“ zu charakterisieren sind, die unkonventionelle Mittel, wie Cyberangriffe, feindliche Propaganda, Manipulation der Energie(un)abhängigkeit mit konventionellen Angriffen verbinden. Es sollte betont werden, dass hier von einem sehr breiten Bedrohungsspektrum die Rede ist, das nicht nur in der Kompetenz der GSVP liegt, sondern ebenfalls in der unterschiedlicher EU-Ratsformationen und verschiedener EU-Kommissare.

Die Aufgabe der GSVP ist momentan, Verständnis in anderen Foren darüber zu erzielen, dass die äußere Sicherheit die innere Sicherheit sehr stark beeinflusst und eine klare Grenze zwischen beiden daher nicht gezogen werden kann. Es ist entscheidend, Synergien zwischen dem zivilen und militärischen Bereich herzustellen, dies würde sowohl eine effektivere Nutzung der Ressourcen ermöglichen, als auch ein umfassenderes Verständnis für Sicherheitsfragen zu entwickeln. Im Hinblick auf hybride Bedrohungen kann die EU mehr erreichen als die NATO. Nimmt sich die EU dieser Aufgabe jedoch nicht an, dann wird jeder Mitgliedsstaat einzeln diese Aufgabe erfüllen müssen, wodurch der Prozess teurer und ineffektiver würde.

  • Abschließend muss daran erinnert werden, dass 22 der EU-Mitgliedsstaaten auch Mitglied der NATO sind. Dies bedeutet, dass beide Organisationen für die Erreichung ihrer militärischen Ziele über dieselbe Ressourcenmenge verfügen und es nicht möglich ist, die Bemühungen zu verdoppeln. Aus diesem Grund, ungeachtet der politischen Hindernisse, müssen beide Organisationen zumindest auf der praktischen Ebene zusammenarbeiten und die Aufgaben untereinander koordinieren. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die gemeinsame Verteidigung in Europa Aufgabe der NATO ist und der Beitrag der EU für die Sicherheit und Verteidigung entsprechend zu planen ist.

Werden diese vier Prinzipien bei der Überarbeitung der Strategie befolgt, wird die Strategie zu einem grundlegenden Dokument der GSVP, das sowohl EU-Institutionen, als auch die Mitgliedsstaaten als Wegweiser für die kommende Entwicklung der EU-Sicherheits- und Verteidigungsdimension betrachten werden. Dies gewährleistet eine größere Klarheit sowohl auf nationaler, als auch auf EU-und NATO-Ebene bezüglich der Ressourcennutzung für die Bedürfnisse der Sicherheit und Verteidigung. 

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Edgars Kiukucāns
Offizieller Zuständiger für EU-Angelegenheiten