Einblicke

Bankenstrukturreform – auf Größe basierend gegen auf Risiko basierend

Foto: EU2015.LV
27 Mai 2015

In der Zeit nach der Finanzkrise wurde viel darüber diskutiert, wie man das „zu-groß-um-zu-scheitern-Problem“ am besten lösen kann und seitdem wurde viel getan, um die Bankenunion aufzubauen und zu stärken. Der Vorschlag der Bankenstrukturreform ist der letzte Baustein der Bankenunion.

Banken, die sich aktiv in Handelsgeschäften engagieren, können durch übermäßige Risikobereitschaft und Eigenhandel, Risiken für die Stabilität des Finanzsystems darstellen. Handelsgeschäfte sind anfälliger für Marktschwankungen als andere Kernbankenaktivitäten und können sehr unbeständig sein. Dies gilt vor allem für Banken, die zu groß sind, um zu scheitern und daher Zugang zu günstigeren Finanzierungen bekommen, die ihnen erlauben erhebliche Handelsbestände aufzubauen, durch die wiederum große systemische Risiken entstehen können. In der Bankenstrukturreform geht es darum, solche Risiken aus Handelsgeschäften zu verhindern.

Und hier kommen wir zu der Frage wie man bestimmen kann, ob und welche riskanten Handelsgeschäfte von einer Depositenbank getrennt werden müssen und ob ein größen- oder ein risikobasierter Ansatz für die Identifizierung risikoreicher Handelsgeschäfte besser geeignet ist.

Einfach gesagt, dem auf Größe basierenden Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass je häufiger bestimmte Aktivitäten auftreten, desto größer das Risiko ist, das diese darstellen. Das gleicht der Bewertung von Orangen nach Größe – zwei Orangen von ähnlicher Größe sind nicht unbedingt von der gleichen Qualität und ergeben nicht notwendigerweise die gleiche Menge an Saft.

Wie die Orangen unterscheiden sich ebenfalls die Finanzinstrumente in den Banken voneinander, nicht nur in ihrer Art sondern auch wie flüssig sie sind, wer der Herausgeber ist, wie reif sie sind und so weiter. Außerdem unterscheidet sich die Fähigkeit der Banken, Risiken zu tragen aufgrund der Kapitalisierung, der Qualität des Rests ihres Portfolios, der Einlagenbasis und anderer Faktoren. Daher ist es für die Risikobestimmung nicht ausreichend, auf die Aggregatgröße von Handelsaktivitäten zu schauen, sondern eine weitere Prüfung der Bank in ihrer Gesamtheit ist notwendig, genau wie das Zählen von Orangen nicht ausreichen würde, die Menge an Saft und dessen Qualität zu bestimmen.

Nun, um wieder auf den Vorschlag der Bankenstrukturreform zurückzukommen, haben die Mitgliedsstaaten Bedenken geäußert, dass sich der ursprüngliche Vorschlag der Kommission zu sehr auf die größenbezogenen Kriterien stütze, um zu entscheiden, ob die Trennung der Handelsgeschäfte notwendig ist, während man bei der richtigen Erfassung bestimmter Risiken dieser Handelsgeschäfte gescheitert sei. Diese Gespräche sind langwierig – in der Tat dauern diese Gespräche bereits fast zwei Jahre an – und die Mitgliedstaaten haben darauf bestanden, dass ein differenzierterer und risikobasierter Ansatz zur Bewertung der Risiken von Handelsgeschäften erforderlich ist. Mit einem differenzierteren und risikobasierten Ansatz ist gemeint, dass die Aufsichtsbehörde nach bestimmten Risikokriterien (die üblicherweise in der Finanzindustrie akzeptiert sind) einzelne Handelseinheiten begutachtet und entscheidet, ob Handelsgeschäfte abgetrennt werden sollten.

Darüber hinaus, da sich die Ereignisse auf den Finanzmärkten schnell entwickeln können, sollte die Aufsichtsbehörde ebenfalls auf qualitative Kriterien achten, die gewährleisten sollen, dass die internen Verfahren adäquat sind, um das Entstehen übermäßiger Risiken zu vermeiden und somit präventiv anstatt reaktiv zu handeln.

Jedoch äußerten die Mitgliedsstaaten ebenfalls Besorgnis im Hinblick auf die unbeabsichtigten Folgen einer Abtrennung der Handelsgeschäfte, insbesondere hinsichtlich der Marktpflege, die die Finanzierung für Unternehmen, Gemeinden und Regierungen fördert und Investitionsmöglichkeiten für Investoren bietet (wie Rentenfonds) und wichtig ist für das Funktionieren der Realwirtschaft. Diese Bedenken verdienen besondere Aufmerksamkeit aufgrund der derzeitigen schwachen Liquidität auf den Rentenmärkten und der viel diskutierten Notwendigkeit für die Kapitalmarktunion, die von der Liquidität der Wertpapiermärkte abhängen wird, die ihrerseits durch Marktpflege gefördert werden. Sicherlich ist die Gründung der Kapitalmarktunion nicht das Ziel der Bankenstrukturreform, doch solche bedeutenden Zusammenhänge innerhalb des Finanzmarktes müssen bei den Entscheidungen zum Vorschlag einer Bankenstrukturreform berücksichtigt werden. Schließlich besteht kein Risiko, eine schlechte Orange zu bekommen, wenn es keine gibt, aber ohne Orangen lässt sich auch kein Saft pressen. Daher beinhaltet der Vorschlag zur Bankenstrukturreform nun Sicherungsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die Aufsichtsbehörden die Kosten und Nutzen sorgfältig abwägen, bevor sie eine Entscheidung zur Abtrennung von Marktpflege-Aktivitäten treffen.

Die Debatte im Rat tendiert nun dahin, dass ein risikobasierter Ansatz zur Beurteilung der Notwendigkeit einer Abtrennung der richtige Weg ist, dies kann jedoch nicht funktionieren, ohne dass die zuständigen Behörden die Risiken und Vorteile der Marktpflege oder Kundenaktivitäten für die Realwirtschaft berücksichtigen, bevor eine Entscheidung über eine Abtrennung getroffen wird. Dies ist für die Erzielung eines ausgeglichenen Ergebnisses wichtig, das für die Entwicklung der Realwirtschaft erforderlich ist.

Als Abschlussbemerkung möchte ich sagen, dass trotz der anfänglichen Unterschiede in den Ansichten der Mitgliedsstaaten, die Fortschritte beim Vorschlag zur Bankenstrukturreform bedeutend waren.

Lassen Sie uns nicht in der Illusion leben, dass gleich große Orangen immer den gleichen frischen Saft geben!

Von Anna Dravniece, Vorsitzende der Arbeitsgruppe der Finanzdienstleistungsattachés zur Bankenstrukturreform